Schweiz scheitert erneut bitter an Tschechien im WM-Bronzespiel

Apr 17, 2023 | International

Es hat wieder nicht sollen sein: Ein weiteres Mal ist die Frauen-Nati zum Zuschauen bei der Medaillenvergabe verdammt. Doch bei aller Enttäuschung: Der Abstand zu Bronze verringert sich kontinuierlich. Mit nur einem Tor mehr setzen sich die Tschechinnen mit 3:2 bei der Fraueneishockey-WM in Brampton gegen die Schweizerinnen durch.

Nach mehreren vierten Plätzen in Folge bei großen Turnieren hatte die Frauen-Nati sich fest vorgenommen, den Fluch der Medaillenlosigkeit trotz bisheriger starker Leistungen endlich zu brechen und von Beginn an initiativ zu werden. Und gerade mit Tschechien war noch eine Rechnung von der letzten WM offen. Dies misslang aber. Schon nach 40 Sekunden musste Torhüterin Andrea Brändli einen großen Save auspacken. Und nach 92 Sekunden setzte es die erste Strafe gegen die Eidgenossinnen. Damit nicht genug: Eine Sekunde vor Ablauf eine zweite Strafe. Die daraus resultierenden fast vier Minuten tschechische Überzahl wurden aber mit einer starken Defensivleistung schadlos überstanden. Ebenso Strafe Nummer drei ab der 9. Minute.

Auch bedingt durch die vielen Unterzahlen nahm man sich allerdings aus der Offensive. Eine Ausnahme durch Laura Zimmermann in der Drittelmitte, die in Unterzahl gefährlich vor Keeperin Blanka Skodova auftauchte.

Die Powerplayquote der Tschechinnen also aus Schweizer Sicht glücklicherweise noch bei 0 Prozent, doch mit dem ersten Schweizer Powerplay ab Minute elf konnte die Frauen-Nati endlich selbst die Initiative übernehmen und machte von dieser sich bietenden Gelegenheit Gebrauch. Die erste Angriffswelle konnten Skodova und ihre Defensive noch abwehren, aber Lara Stalder zog nach vorne zum freien Puck und beförderte ihn mit unbedingtem Willen mit einem sehenswerten Move per Rückhand hinter Skodova.

Die Antwort der Tschechinnen ließ allerdings nur 31 Sekunden auf sich warten, Denisa Krizova und Tereza Vanisova sorgten für Trubel vor dem Schweizer Gehäuse, und Krizova überwand Andrea Brändli und die Defensive, die bisher bei Gleich- und Unterzahl sehr gute Arbeit leisteten.

In der 15. Minute eine Riesenchance für Tschechien, doch Verteidigerin Aneta Tejralova verpasste vor dem freien Tor. Ihr Team blieb gefährlich und hartnäckig, und kurz darauf wuchtete Michaela Pejzlova den Puck aus kurzer Distanz ins Netz, Andrea Brändli chancenlos. Ihre schon beim Turnier gezeigten Qualitäten untermauerte Brändli dreieinhalb Minuten vor Drittelende nicht zum letzten Mal. Die Strafbank wärmten aus dieser Szene resultierend Cindy Joray und Alina Müller und eine Tschechin, es ging mit 5 gegen 4 weiter. Es blieb beim 2:1, acht Sekunden vor dem Ende hatte aber die auffällige Tejralova noch einmal eine sehr gute Chance.

Zwei Minuten nach Beginn des Mittelabschnitts versuchte es Sinja Leemann einmal, und eine Großchance erspielte sich Alina Müller im zweiten Powerplay in der 25. Minute. Nachdem sie souverän eine Verteidigerin ausgespielt hatte, hatte sie nur noch Skodova vor sich, die sie aber nicht überwinden konnte. Kurz darauf ging es mir 4 gegen 4 weiter, und hier schien man einem drückenden tschechischen Powerplay beizuwohnen. Nicole Vallario musste schmerzhaft blocken und wie ihre Teamkolleginnen lange auf dem Eis durchhalten. Tschechien spielte mit konsequenter und energischer Scheibenführung und Hilfe der weiten Bank, die das 2. Drittel traditionell bietet, die Schweiz regelrecht fest. Mit eisernem Willen und Einsatz überstanden die Schweizerinnen aber diese gefährliche Druckphase.

Auch bei 5 gegen 5 blieben die Tschechinnen wie im Drittel zuvor weiter das druckvollere Team, die Kameras schwenkten überwiegend zur Schweizer Zone.

Doch in der 27. Minute eroberte sich Lena-Marie Lutz die Scheibe hinter dem tschechischen Tor und nutzte ihren Rebound zum Ausgleich. Dieser tat den Schweizerinnen sichtlich gut, man hatte bei aller starken Defensivleistung bis dahin den Eindruck, dass die Frauen-Nati sich zu sehr den Schneid abkaufen ließ und insgesamt zu passiv gegen ausgebuffte Tschechinnen agierte. Diese verstanden es sehr gut, der Frauen-Nati mit frühem und aggressivem Forechecking das Leben schwer zu machen. Vielleicht war genau dieses erfolgreiche Forechecking von Lutz ein Zeichen, dessen es bedurft hatte.

Eine sehr gute Chance zur zweiten Führung nachzulegen hatte Alina Müller (34.), konnte den Puck aber nicht im Tor unterbringen. Postwendend eine gefährliche tschechische Replik, ebenfalls nicht erfolgreich.

Die Tschechinnen blieben weiterhin stark, und bei 37:16 mussten die Schweizerinnen wieder einen Rückstand hinnehmen, nachdem Denisa Krizova mit einem One-Timer ihren zweiten Treffer erzielte. Eine gute Minute später stand das Schweizer Tor nach einer Parade von Brändli leer, der ein schneller Gegenzug der Tschechinnen vorausging, doch keine Tschechin konnte verwerten.

Obwohl sich die Frauen-Nati seit dem zwischenzeitlichen 2:2 Ausgleich verbessert zeigte, überzeugten die Tschechinnen mit technisch starkem und aggressivem Spiel. Auch die Taktik, insbesondere Lara Stalder und Alina Müller aus dem Spiel zu nehmen, erwies sich weitgehend als erfolgreich. In der 44. Minute tauchte Aneta Tejralova gefährlich vor Brändli auf und setzte als eigentliche Verteidigerin wie schon zuvor mehrmals weiterhin offensive Akzente.

Die Spielführung der Unparteiischen war teilweise diskutabel, so wurden z. B. ein hoher Stock im Gesicht von Alina Müller nicht geahndet oder ein Abseits und Icing nicht gegeben (Letzteres verteilte sich auf beide Teams).

Eine große Gelegenheit das Spiel noch auszugleichen, gab es in der 49. Minute mit zwei kurz aufeinander folgenden Strafen für die Tschechinnen. 24 Sekunden einfache und 96 Sekunden doppelte Überzahl für die Schweiz. Dies nutzte Colin Müller für eine Auszeit. Die Eisgenossinnen erspielten sich zwei gute Chancen, doch die Tschechinnen blockten nicht nur mit vollem Einsatz, die Schweiz musste immer aufpassen, sich keinen Konter einzufangen.

Auch wenn es die ein oder andere gute bis sehr gute Chance auf den Ausgleich gab, hatten die Tschechinnen mehr Zug zum Tor, fast als wenn sie den nächsten Treffer nötiger hatten. In der 59. Minute nahm Colin Muller Andrea Brändli aus dem Tor, doch es wollte einfach kein Treffer mehr fallen, immerhin auch nicht für die Tschechinnen, doch das Bild von Schweizer Tränen müssen die Fans der Frauen-Nati auch 2023 ertragen.

Mit den erstarkten Tschechinnen, die ihren Anspruch auf die Beletage hinter den Platzhirschen Kanada und USA untermauern, dürfte es für die Schweiz weiterhin sehr schwierig sein, endlich den großen Traum nicht nur zu träumen, sondern auch zu verwirklichen. Im Tor und an der Defensive gibt es nur wenig auszusetzen, das Problem bleibt die Offensive mit zu wenig Erfolgserlebnissen in diesem Bereich trotz des hohen Viertelfinalsiegs. Auch haben 33 zu 13 Schüsse im letzten Spiel eine gewisse Aussagekraft. Positiv festzuhalten bleiben viele Unterzahlspiele, auch wenn sie kraftraubend gewesen sein dürften. Vor allem aber der immer geringer werdende Abstand zum Edelmetall und dass junge Wilde wie Sinja Leemann, Laura Zimmermann und die dieses Mal krankheitsbedingt fehlende Noemi Ryhner noch lange nicht am Ende ihres Weges angelangt sein dürften, machen Mut. Und gerade Niederlagen bieten die Chance für den gesamten Kader sich weiterzuentwickeln.

Erneut ein Ergebnis, über das die Schweizerinnen sich ärgern, aber keinesfalls dafür schämen müssen. Denn so glanzlos die zahlreichen vierten Plätze auf den ersten Blick erscheinen mögen, können sie doch die starke und sich stetig verbessernde Leistung bei genauerem Hinsehen nicht verdecken.

16.04.2023 Tschechien – Schweiz 3:2 (2:1, 1.1, 0:0)

Tore:
0:1 (11:15) PP1 # 7 Lara Stalder (# 8 Kaleigh Quennec, # 25 Alina Müller)
1:1 (11:46) # 10 Denisa Krizova (# 21 Tereza Vanisova, # 2 Aneta Tejralova)
2:1 (14:31) # 18 Michaela Pejzlova (# 21 Tereza Vanisova, # 10 Denisa Krizova)
2:2 (28:09) # 71 Lena-Marie Lutz
3:2 (37:16) # 10 Daniela Krizova (# 2 Aneta Tejralova, # 13 Klara Jandusikova)

Strafminuten:
Tschechien 12, Schweiz 16

Bericht: Tim Sinzenich
Foto: Screenshot SRF

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